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Eierstockszysten: Vorbeugen ist besser als heilen

Quelle: swiss genetics
Quelle: swiss genetics

Eierstockszysten sind große Eiblasen, die zyklusblockierende Hormone produzieren. Sie entstehen v.a. bei Kühen mit negativer Energiebilanz, da ihr Eisprung ausbleibt.

Eigentlich ein „Selbstschutzmechanismus“, der vor einer weiteren Trächtigkeit, einem noch höheren Energieverbrauch, bewahrt.

Wirtschaftlich problematisch wird es, wenn sich Eierstockszysten zum Bestandsproblem ausweiten. Die einzelne Trächtigkeit wird dreimal so teuer als auf Betrieben mit guter Fruchtbarkeit.


Fragen und Antworten:

Symptome: Wie erkennt man Kühe mit Eierstockszysten?

Schwanzansatz
Ein sog. Hohlschwanz kann ein Symptom für Zysten sein.

Die „klassische Zystenkuh“ ist über längere Zeit in Dauerbrunst:

  • sie reitet auf
  • sie brüllt
  • sie zeigt jedoch selten einen Duldungsreflex

Durch den Hormoneinfluss sieht sie bei länger bestehenden Zysten äußerlich einer Kuh kurz vor dem Abkalben ähnlich:

  • angeschwollene Schamlippen
  • eingefallene Beckenbänder
  • Hohlschwanz
  • Im Extremfall: Scheidenvorfall

Häufiger haben Kühe jedoch „Stille Zysten“:

  • Der Zyklus ist blockiert
  • Die Kuh wird nicht mehr brünstig

Histologie: Ist Eierstockszyste gleich Eierstockszyste?

Je nachdem aus welchen Zellen die Wand der Zyste besteht, unterscheidet man:

  • Follikelzysten dünnwandig
    • dünnwandig
    • mehrheitlich östrogenbildend
  • (teil-)luteinisierte Thekazysten
    • dickwandig
    •  z.T. gekammert
    • mehrheitlich progesteronbildend

Ätiologie: Wie entstehen Zysten?

Der Eisprung bleibt aus, denn:

  • es wird in der Hypophyse zu wenig Eisprungshormon (LH) gebildet
  • das zeitliche Zusammenspiel zwischen Follikelreifung in der Brunst und LH-Ausschüttung ist gestört.

Ursachen: Wo liegen die Gründe für einen LH-Mangel?

Abgemagerte Kuh
Abgemagerte Kuh
  • negative Energiebilanz (Ketose)
    • Körperkonditionsabbau in der Frühlaktation
    • Verfettung in der vorausgegangenen Spätlaktation

Leptin, das für die Fettmobilisation verantwortlich ist, blockiert den Zyklus und die LH-Bildung in der Hypophyse solange sich die Kuh in einer Stoffwechselschieflage befindet.

Zwillinge erhöhen das Zystenrisiko
Zwillinge erhöhen das Zystenrisiko
  • Spurenelement–, Mineralstoff und Vitaminmangel
    • Selen, Mangan, Kupfer, Zink,
    • Vitamin E und ß-Carotin
  • Mykotoxine (Schimmelpilzgifte)
  • chronische Endometritis 

Risikotiere: Welches sind meine Risikotiere?

  • Kühe, die verfettet abkalben
  • Kühe mit gestörter Nachgeburtsphase (s.o.)
  • Lahme Kühe
  • Mütter von Zwillingen
  • Kühe aus „Zystenfamilien“

Diagnose: Wie stellt man die Eierstockszysten fest?

  • Verdacht: blockierter Zyklus (jede Brunst notieren !)
Ultraschalldiagnostik
Ultraschalldiagnostik
  • tierärztliche Untersuchung der Eierstöcke
    • Tiere, die nach dem Kalben nicht brünstig werden, spätestens am 80. Tag untersuchen lassen!
    • besser: „Früherkennung“ durch regelmäßige integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung
    • manuelle rektale Untersuchung
    • Ultraschalluntersuchung (bessere Differenzierung des Zystentyps möglich)
    • im Zweifelsfall: Nachkontrolle nach ca. 10 Tagen

Therapie: Wie werden Zysten tierärztlich behandelt?

Zysten bis max. 60 Tage nach dem Abkalben bilden sich vielfach von selbst zurück:

  • notieren und nachkontrollieren lassen
Progesteron T
Progesteron T

Zysten zum späteren Zeitpunkt: Hormonelle Therapie

  • Progesteron (z .B. progesteronhaltige Präparate zur intravaginalen Anwendung)
    • Hormonabgabe über 10 – 12 Tage je nach Präparat
    • Stabilisiert den Zyklus
    • „Zyklusneustart“ nach Entfernung aus der Scheide
    • „normale“ Besamung in einer nachfolgenden deutlichen Brunst evt. mit Überzugshülle aus dem Embryotransfer (zum Schutz des Samens vor den Entzündungsprodukten in der Scheide)
    • Bei nachfolgender Stillbrunst „blinde Besamung“ ca. 56 h nach Entfernung des Progesteronträgers
    • Bei dickwandigen Zysten: zusätzlich 24 h vor dem Entfernen Prostaglandin-Injektion
Hormonapplikation
Hormonapplikation
  • OvSynch-Verfahren
    • Tag 0 (z.B. Montag): GnRH
    • Tag 7 (z.B. Montag): Prostaglandin
    • Tag 9 (z.B. Mittwoch): GnRH
    • Besamung nach 20-24 Std (z.B. Donnerstag) auch ohne Brunstsymptome
  • OvSynch-Verfahren modifiziert nach Hoedemaker
    • Tag 0 (z.B. Montag): GnRH + Prostaglandin
    • Tag 14 (z.B. Montag): Prostaglandin
    • Tag 16 (z.B. Mittwoch): GnRH
    • Besamung nach 20-24 Std. auch ohne Brunstsymptome

Achtung: Vorsicht beim Umgang mit Prostaglandin !
Benutzen Sie Spritzen nur einmal: Bei der Reinigung von Spritzen entsteht feiner „Prostaglandin-Nebel“, der zu Atemnot und Husten führen kann.
Schwangere dürfen keinesfalls in Kontakt mit Prostaglanding kommen – es besteht große Abortgefahr! Hautkontakt reicht.

Die Auswahl der Produkte ist abhängig von der individuellen Betriebssituation und kann nur durch den Hoftierarzt/-tierärztin erfolgen.
Fragen zu Arzneimitteln und Therapieplan richten Sie bitte an Ihre(n) Hoftierärzt/-in!

  • Das Abdrücken insbesondere dickwandiger Zysten ist kritisch !
    • Wird viel Kraft zum Sprengen der Blasen benötigt, riskiert man Verklebungen des Eierstocks mit dem Eileiter .
    • Kühe mit verklebten oder gestauten  Eileitern sind irreversibel unfruchtbar !

Prophylaxe: Was können Landwirte vorbeugend gegen Zysten machen?

  • DSC02733regelmäßige Kontrolle der Körperkondition
    • In der Spätlaktation (Verfettung)
    • In der Frühlaktation (Fettmobilisation)
  • Ketose-Prophylaxe
  • Ketose-Früherkennung in den ersten 100 Laktationstagen:
    • Kontrolle des Fressverhaltens
    • Kontrolle der MLP-Daten (Eiweißgehalt, Fettgehalt, Fett-Eiweiß-Quotient)
    • Ketose-Tests im Stall
  • Maximierung der Futteraufnahme durch
    • Optimaler Kuhkomfort
    • Optimale Wasserversorgung
    • Optimale Futterqualität
    • Optimale Tiergesundheit nach dem Abkalben

Literatur

  1. N. Gundling, S. Drews, M. Hoedemaker
    Comparison of Two Different Programmes of Ovulation Synchronization in the Treatment of Ovarian Cysts in Dairy Cows,
    Reproduction of Domestic Animals 2009, S. 1439 ff
  2. Tsousis, G.; Sharifi, R.; Hoedemaker, M.:
    Associations between the clinical signs of chronic endometritis with ovarian cysts and body condition loss in German Holstein Friesian cows
    Journal of veterinary science 10, 4 (2009) 337-341
  3. Gundling, N.; Feldmann, M.; Hoedemaker, M.:
    Hormoneinsatz bei Fruchtbarkeitsstörungen des Rindes
    Tierärztliche Praxis G 40, 4 (2012) 255-263
  4. Vanholder T, Opsomer G, de Kruif A.
    Aetiology and pathogenesis of cystic ovarian follicles in dairy cattle: a review.
    Reprod Nutr Dev. 2006 Mar-Apr;46(2):105-19. Epub 2006 Apr 6. Review
  5. Peter AT
    An update on cystic ovarian degeneration in cattle.
    Reprod Domest Anim. 2004 Feb;39(1):1-7. Review

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