Mykoplasmen sind weltweit verbreitet und können beim Rind verschiedenste Probleme verursachen: Entzündungen des Euters, der Lunge, des Mittelohrs und der Gelenke sowie Fortpflanzungsstörungen. Sie sind hoch ansteckend und können zu einem schweren Krankheitsverlauf führen. Eine Infektion mit Mykoplasmen ist aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausprägung oft schwer zu diagnostizieren. Allerdings ist eine schnelle und genaue Diagnose für die Kontrolle und Prävention eines Krankheitsausbruchs notwendig.
Mykoplasma bovis (M. bovis) gehört mit zu den Haupterregern von Atemwegserkrankungen bei Kälbern. Obwohl M. bovis auch alleine für eine Lungenentzündung verantwortlich sein kann, so sind doch für eine Erkrankung mit Mykoplasmen besonders diejenigen Kälber anfällig, die im Vorfeld geschwächt waren.
Früherkennung durch Fiebermessen
Die wirksamste Maßnahme bei der Früherkennung ist das regelmäßige Fiebermessen.
Die Symptome für Atemwegserkrankungen bei Kälbern sind Fieber über 39,5° Celsius, Husten, eine sichtbar erschwerte Atmung, klarer Nasen- beziehungsweise Augenausfluss, ein hängender Kopf sowie die Absonderung des betroffenen Tieres von der Herde. Husten ist bei einer Mykoplasmeninfektion zunächst nicht unbedingt typisch, er setzt erst später ein, wenn auch andere Erreger am Infektionsgeschehen beteiligt sind. Zusätzlich können bei betroffenen Tieren Gelenks- sowie Mittelohrentzündungen hinzukommen, die durch eine Kopfschiefhaltung sichtbar werden.
Faktorenkrankheit Kälbergrippe
Bei der Kälbergrippe handelt es sich um eine Faktorenkrankheit, das heißt, dass die Erkrankung durch viele Faktoren beeinflusst wird und sie deshalb auch nicht durch eine einzelne Maßnahme verhindert werden kann.
Insbesondere der Stressfaktor Kälte scheint bei der Ausprägung von Mykoplasmeninfektionen eine wichtige Rolle zu spielen. Im Allgemeinen kommt es bei Kälbern, die zwar mit Mykoplasmen infiziert aber keinen Stresssituationen ausgesetzt sind, nicht zu schwerwiegenden Symptomen. In einem Versuch wurde nach der experimentellen Infektion des Atemtraktes von Kälbern mit M. bovis nur eine milde, subklinische Mykoplasmose beobachtet, die keine eindeutigen Auswirkungen auf die Atmung hatte. In einem weiteren Versuch wurden Kälber starken Temperaturschwankungen ausgesetzt. Diese Kältestresssituation wirkte immunsuppressiv., mehrere Tiere aus der Versuchsgruppe erkrankten. Bei der bakteriologischen Untersuchung wurden gehäuft Mykoplasmen nachgewiesen. Die Tiere aus der Kontrollgruppe ohne starke Temperaturschwankungen blieben alle gesund.
Probennahme zur Diagnostik
Bei Atemwegserkrankungen werden im Allgemeinen für den direkten Erregernachweis Tupferproben aus der Nase entnommen. Trachealschleim- oder Bronchotrachealspülproben dienen dem Nachweis von Viren, Bakterien und Parasiten direkt aus den tieferen Atemwegen. Eine weitere Möglichkeit zum Erregernachweis ist die Sektion, hierbei werden beim toten Kalb die Lungenveränderungen untersucht.
Nachweis von Mykoplasmen im Labor
Mykoplasmen können indirekt über Antikörper bei infizierten Tieren nachgewiesen werden, wobei die Ergebnisse meist nicht sehr aussagekräftig sind. Betrachtet man beispielsweise den Antikörpertiter nur bei einem Einzeltier, so kommt man nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, ob nun die Mykoplasmen ursächlich für die Erkrankung sind. Dagegen weist ein auf Herdenebene erhöhter Titer auf eine Mykoplasmeninfektion hin.
Die direkte Identifikation von Mykoplasmen erfolgt traditionell mithilfe von Bakterienkulturen, da diese relativ einfach und kostengünstig sind. Diese Methode hat allerdings einige Grenzen. Mykoplasmen wachsen in Kulturen sehr langsam, erste Kulturen können frühestens nach fünf Tagen gesehen werden, manchmal brauchen sie sogar zehn Tage. Das steht im Gegensatz dazu, dass man betroffene Tiere schnell von der Herde isolieren müsste, um eine Ausbreitung im Bestand zu verhindern.
Die Verwendung der PCR (Polymerase Chain Reaction, zum Nachweis der Erbsubstanz der Erreger), zeigte für verschiedene Probentypen eine höherer Effizienz, Spezifität und Sensitivität im Vergleich zum konventionellen kulturellen Nachweis.
Therapie
Die Therapie der Rindergrippe im Allgemeinen besteht im Einsatz von Antibiotika zusammen mit schleimlösenden Medikamenten und Entzündungshemmern. Es ist ohne Zweifel sinnvoll und notwendig, wenn vor der ersten Behandlung eine tierärztliche Untersuchung durchgeführt und ein Antibiogramm angelegt wird (diesbezüglich die Novelle der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) vom März 2018 beachten). Mykoplasmen sind sehr kleine Bakterien ohne Zellwand, deshalb weisen sie eine natürliche Resistenz gegenüber Antibiotika auf, die gegen die Zellwand gerichtet sind, Penicilline beispielsweise wirken nicht. Nur bestimmte Wirkstoffe wie Makrolide, Tetrazykline oder Gyrasehemmer zeigen eine Wirkung, die Therapie ist aber nur aussichtsreich, wenn sie frühzeitig begonnen und konsequent durchgehalten wird.
Impfung
Gegenüber M. bovis gibt es in Deutschland zur Zeit keinen zugelassenen Impfstoff. In den USA zeigt die Impfung bisher keine überzeugende Wirkung.
Das wirksamste Mittel, um Erkrankungen mit Mykoplasmen trotzdem zu minimieren, ist, Stress möglichst gering und das Abwehrsystem der Kälber möglichst widerstandsfähig zu halten (Stichwort optimale Kolostrumversorgung). Deshalb empfiehlt sich eine Impfung gegenüber den anderen bekannten Erregern von Atemwegserkrankungen.
Haltung
Ein gutes Hygienemanagement mit optimalem Stallklima und Tränkehygiene, die regelmäßige Reinigung und Desinfektion (gegen Mykoplasmen sind Desinfektionsmittel auf Säurebasis wirksam) von Stall und Geräten ist unerlässlich (Stichwort Biosicherheit). Insbesondere im Hinblick auf Mykoplasmeninfektionen steht die Frischluftzufuhr (keine Zugluft) im Stall an erster Stelle, um die Luftqualität möglichst hoch zu halten. Dabei sollten aber keine zu starken Temperaturwechsel im Stall auftreten, da dies das Immunsystem der Kälber zu sehr stresst. Außerdem hilft eine tiefe, trockene Einstreu den Kälbern bei kalten Außentemperaturen, nicht auszukühlen und somit den Erregern widerstandsfähig gegenüberzustehen. Da Mykoplasmen sehr ansteckend sind, ist eine geringe Besatzdichte von Vorteil, ebenso das sofortige Absondern und Behandeln von erkrankten Kälbern. Milch von nachweislich mit Mykoplasmen infizierten Kühen sollte nicht an die Kälber vertränkt werden, um einen Übergang der Erreger zu vermeiden. Wenn dies nicht möglich ist, weil zu viele Kühe mit Mykoplasmen infiziert sind, so sollte die Tränkemilch pasteurisiert oder durch Milchaustauscher ersetzt werden.
Fazit
Mykoplasmen alleine sind meist nicht für eine Erkrankung verantwortlich. Sie können sich allerdings lange im Organismus „verstecken“ und erst bei einer Schwächung des Immunsystems zu einer Erkrankung führen. Die Stärkung des Immunsystems des Kalbes bietet den besten Schutz. Falls es dennoch zu einem Krankheitsausbruch kommen sollte, so ist das frühzeitige Erkennen der Schlüssel für eine aussichtsreiche Behandlung und Eindämmung auf Herdenebene.