Der „frische“Nabel eines neugeborenen Kalbes ist eine empfindliche Struktur und kann eine Eintrittspforte für Krankheitserreger in den Organismus sein. Neben Durchfall- und Atemwegsproblemen sind Nabelerkrankungen mit einer der häufigsten Ursachen für Kälberkrankheiten.
Mehrere Bausteine sorgen dafür, Infektionen vorzubeugen: er sollte nicht mit Schmutz in Kontakt kommen, das Kalb besitzt durch eine gute Kolostrumversorgung starke Abwehrkräfte und der Nabel wird nicht mehr als unbedingt nötig manipuliert, also in den meisten Fällen nur begutachtet und nicht angefasst.
Die korrekte Nabelhygiene
Eine optimale Nabelhygiene beginnt mit einer sauberen Geburt: die Abkalbebox ist sauber, frisch mit langem Stroh eingestreut und sie wird nicht als Krankenbox mitbenutzt. Eine mögliche Geburtshilfe erfolgt nur unter hygienischen Bedingungen (Geburtshilfekittel, Handschuhe, Desinfektionsmittel, etc.).
Der Nabelstrang hat sogenannte „Sollbruchstellen“ und reißt durch die bei der Kalbung auftretende Spannung meist von alleine ungefähr eine Handbreit vom Hautnabel entfernt ab. Er reißt oftmals zu kurz ab, wenn man ihn mit der Hand durchtrennt. Nach der Kalbung sollte der Nabel begutachtet, möglichst aber nicht angefasst werden und wenn, dann nur mit gewaschenen Händen, am besten mit frischen Einmalhandschuhen. Eine leichte Blutung tritt auf, wenn das Restblut aus den Blutgefässen des Nabels austritt. Nur ein stärker „richtig“ blutender Nabel sollte mit einem desinfizierten Faden abgebunden werden. Sobald das Kalb liegt, berührt der Nabel automatisch den Untergrund – neben der sauberen Abkalbebox sorgt eine saubere Kälberbox (o.ä.), in die das Kalb zügig gebracht wird, für einen möglichst niedrigen Keimdruck. Besonders in den Sommermonaten können vermehrt Nabelentzündungen im Vergleich zu den Durchfall- bzw. Atemwegserkrankungen diagnostiziert werden.
Die rechtzeitige und ausreichende Versorgung des Kalbes mit Kolostrum ist der nächste Baustein, um die Abwehrkräfte des Kalbes aufzubauen und Nabelinfektionen vorzubeugen.
Der Nabelschnurrest (Nabelstrang) ist in den ersten Tagen noch feucht, trocknet aber bis zum vierten Lebenstag ein und fällt nach etwa zwei Wochen ab.
Sollte der Nabel desinfiziert werden?
Unter Experten ist es umstritten, ob immer jeder Nabel desinfiziert werden sollte. In Deutschland wird empfohlen, nur in Problembetrieben, in denen häufig Nabelentzündungen auftreten und nach Absprache mit dem Hoftierarzt/der Hoftierärztin, den Nabel kurz nach der Geburt zu desinfizieren. Bei vitalen Kälbern, die unter hygienischen Bedingungen geboren und gehalten werden, kann darauf verzichtet werden. So werden mögliche Hautreizungen vermieden und der natürliche Heilungsvorgang nicht beeinträchtigt.
Es werden üblicherweise alkoholische Jodlösungen (desinfizierend und austrocknend) oder Chlorhexidin verwendet. Sie können über den Nabel gegossen oder aufgesprüht werden, auch das Eintauchen des Nabelstrangs ist möglich. Dabei sollten die Reste, die mit dem Nabel in Berührung kamen, nicht wiederverwendet, sondern entsorgt werden, um eine Vermehrung von Erregern im Dippmittel und die Übertragung auf weitere Kälber zu verhindern. Der Nabelstrang sollte dabei so wenig wie möglich manipuliert werden (also nicht ausstreifen, aufziehen, abreißen oder abbinden, die Lösung nicht einmassieren). Im weiteren Verlauf reicht es aus, den Nabel regelmäßig anzuschauen.
Verdacht auf Nabelerkrankungen – was tun?
Der Nabel sollte nur wenn es unbedingt notwendig ist (zum Beispiel beim Verdacht auf eine Nabelerkrankung), und dann auch nur mit sauberen Händen, besser noch mit Einmalhandschuhen, angefasst werden. Hierbei achtet man besonders auf eitriges Sekret, Schwellungen, vermehrte Wärme, Rötungen und Schmerzhaftigkeit beim Berühren. Fieber (Körpertemperatur über 39,5° C) kann ebenso auf eine Nabelinfektion hinweisen. Werden Nabelinfektionen frühzeitig und konsequent mit Antibiotika und Entzündungshemmern behandelt, heilen sie meist zügig ohne Probleme ab. Wartet man allerdings ab, ob sich die Entzündung vielleicht doch von selbst bessert, so kann es häufiger vorkommen, dass sich die Erreger im Organismus ausbreiten und auch andere Organe wie beispielsweise Gelenke oder Leber betroffenen sind und eine Blutvergiftung entsteht. Bei diesen Fällen sind die Aussichten meist schlecht. Die betroffenen Kälber können nur mit einer Operation und aufwendigen Behandlungen gerettet werden oder müssen eingeschläfert werden.
Der Nabelbruch
Beim Nabelbruch stülpen sich am Nabelring Eingeweide (zum Beispiel ein Stück vom Darm) durch ein Loch in der Muskulatur nach außen in einen Hautsack vor. Nabelbrüche sind oftmals angeboren. Sie wachsen meist bis zum Ende des ersten Lebensmonats zu. Bei einfachen Nabelbrüchen ist der Nabel im Unterschied zur Nabelentzündung vergrößert und verdickt, aber weder übermäßig warm noch schmerzhaft, die Eingeweide (der Bruchinhalt) können in die Bauchhöhle zurück-geschoben werden, das Kalb hat kein Fieber und frisst normal. Bei komplizierten Nabelbrüchen wirkt das Kalb eindeutig krank und hat Schmerzen, da Eingeweidetei-le im Bruchsack eingeklemmt sind, der Bruchinhalt kann nicht zurückgeschoben werden (bei diesem Notfall sofort tierärztliche Hilfe holen).
Zur Darstellung der Nabelstrukturen und zur Diagnose von entzündlichen Prozessen eignet sich hervorragend die Ultraschalluntersuchung. Zum einen kann die ordnungsgemäße Rückbildung der Nabelstrukturen beurteilt werden, zum anderen kann eine Vergrößerung dieser Strukturen in Verbindung mit einem ungewöhnlichen Erscheinungsbild (z.B. Eiter) das Vorliegen eines entzündlichen Prozesses aufdecken.
Ein weiterer Risikofaktor für Nabelinfektionen ist das gegenseitige Besaugen. Um dies zu verhindern, sollten Kälber in den ersten Lebenstagen einzeln gehalten werden und ihr Saugbedürfnis mithilfe von Nuckeleimern befriedigt werden.
Checkliste Nabelhygiene
Checkliste Nabelhygiene beim neugeborenen Kalb – Optimale Nabelbehandlung
Hygiene bei der Abkalbung:
- saubere, frisch eingestreute Abkalbebox
- hygienische Geburtshilfe: Geburtshilfekittel, Einmalhandschuhe, Desinfektion
Hygiene bei der Haltung:
- desinfizierte Kälberbox, reichlich mit langem Stroh eingestreut, in den ersten Lebenstagen Einzelhaltung (verhindert gegenseitiges Besaugen)
Kolostrumversorgung:
- rechtzeitige und ausreichende Versorgung mit hochwertigem Kolostrum
Nabeldesinfektion:
- nur in Problembetrieben bei häufigen Nabelinfektionen
- Übergießen, Dippen oder Besprühen mit alkoholischer Jodlösung oder Chlorhexidin
- bei vitalen Kälbern in hygienischer Umgebung normalerweise nicht notwendig
Nabelkontrolle:
- Nabel begutachten: gleich nach der Geburt und dann im weiteren Verlauf in regelmäßigen Abständen: Anschauen reicht, nur wenn es nötig erscheint anfassen (dann nur mit sauberen Händen, besser mit Einmalhandschuhen)
So sollte es NICHT sein:
- Kalbung auf Spaltenboden:
- Kann passieren, wenn die Kuh nicht rechtzeitig in die Abkalbebox gebracht wird, zu hoher Erregerdruck
- Kalbung in dreckiger Abkalbebox:
- Zu hoher Erregerdruck
- Einstreu in Abkalbebox oder Kälberbox mit Sägemehl oder kurzgehäckseltem Stroh:
- Diese Materialien kleben am frischen Nabel und sind deshalb nicht geeignet.
- Nabel nicht abreißen oder abbinden:
- Abbinden nur, wenn eine Blutung auftritt, die nicht von selbst aufhört. Ansonsten ist das Abbinden unnötig und eher eine Quelle für Nabelinfektionen.