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Der “Preis der Tiergesundheit” von MSD

Professor Dr. Volker Krömker

Professor Dr. Volker Krömer, Professor MSO Cattle Health an der Universität Kopenhagen, Dänemark und Juror beim “Preis der Tiergesundheit” von MSD 2020/21 im Interview mit der Milchpraxis

Milchpraxis: Professor Krömker, Sie sind einer der Juroren beim „Preis der Tiergesundheit“ von MSD in diesem Jahr und führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Eutergesundheit. Was erhoffen Sie sich durch die Auslobung des Preises?

Professor Krömker: Die Tiergesundheit und insbesondere die Eutergesundheit hat sich in den letzten Jahren in deutschen Milchviehbetrieben weiter verbessert. Davon zu berichten und herausragende Betriebe in Bezug auf die Eutergesundheit vorzustellen erscheint mir sehr wichtig. Es macht deutlich, wie viele Menschen täglich hart dafür arbeiten, dass es den Tieren in unserer Obhut gut geht, dass Leistung und Tiergesundheit kein Gegensatz sind und es animiert hoffentlich andere Betriebe in ihren Anstrengungen für eine gute Eutergesundheit nicht nachzulassen.

Milchpraxis: Wo gibt es im Bereich Eutergesundheit Ihrer Meinung nach das größte Verbesserungspotential auf den Betrieben oder anders gefragt – wo hapert es noch?

Professor Krömker: Es gibt Fortschritte in allen Bereichen, aber es gibt eine Reihe von aktuellen Aufgaben. Zumeist ergeben sich diese aus gegensätzlichen Interessen: Ein hohes Maß an Komfort für die Kühe steht häufig im Gegensatz zu einer herausragenden Haltungshygiene, die im Eutergesundheitsbereich entscheidend ist. Der Wunsch nach einer alten Herde steht dem Wissen entgegen, dass chronisch euterkranke und unheilbare Tiere die Herdengesundheit gefährden. Wir folgen dem gesellschaftlichen Auftrag den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung zu verringern; wissen aber aus jahrzehntelanger Erfahrung, dass die antibiotische Therapie in der Trockenperiode bei infizierten Tieren sehr hohe Heilungsraten erreicht. 

Milchpraxis: Bei der Verleihung des Tiergesundheitspreises im letzten Jahr wurde besonders deutlich, dass es das persönliche Engagement und der Einfallsreichtum der Landwirtinnen und Landwirte ist, der Strukturen positiv verändert. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten wie zum Beispiel das Fieberthermometer an jeder Kälberhütte, die Arbeitsabläufe immens vereinfachen und verbessern und die Wirkung sehr groß ist. Haben Sie vielleicht auch so ein Beispiel vor Augen, was Sie bei Betriebsbesuchen zum Beispiel in Melkständen gesehen haben und Sie am liebsten gleich weiterempfehlen würden? 

Professor Krömker: Im Eutergesundheitsbereich ist systematische gleichförmig gute Arbeit über die Zeit am wichtigsten. Hierzu gehört die regelmäßige Datenkontrolle und konsequente Schritte in die richtige Richtung. Das Hilfsmittel, was für die größte Einsparung von Antibiotika in Milchviehbetrieben gesorgt hat, ist die Anwendung von Schnelltests bei der Behandlung von klinischen Euterentzündungen.

Milchpraxis: Der Melkroboter erhält in den letzten Jahren zunehmend Einzug auch in deutschen Ställen. Was ist für Sie als Euterexperte am wichtigsten den Landwirten auf den Weg zu geben, die vor der Entscheidung – Melkroboter ja oder nein – stehen?

Professor Krömker: Jedes Melksystem bietet Chancen und weist Risiken auf – auch für die Eutergesundheit. Eine sehr gleichförmige Arbeit und zusätzliche Daten zum Gesundheitszustand sind Chancen für eine bessere Eutergesundheit; allerdings steigt z.B. das Risiko der Übertragung von Mikroorganismen über das Melksystem wenn viele Tiere mit einem „Melkzeug“ gemolken werden. Zur Bewältigung dieses Risikos gibt es technische Hilfen. Letztlich ist eine eutergesunde Herde mit beiden Systemen möglich.

Milchpraxis: Der Einsatz von Antibiotika beim Trockenstellen wird in den letzten Jahren stark diskutiert. Wie hoch schätzen sie das Einsparungspotential in diesem Bereich? Welche Rollen spielen dabei die Systeme des selektiven oder auch des viertelselektiven Trockenstellens?

Professor Krömker: Leider wurde bislang beim Trockenstellen der Antibiotikaverbrauch noch nicht sonderlich reduziert. Das ist verständlich, da diese Behandlung sehr wirksam ist und betriebssicher funktioniert, aber langfristig nicht akzeptabel. Ziel ist es, ausschließlich infizierte Kühe mit antibiotischen Präparaten zum Trockenstellen zu versorgen. Für den mittleren Betrieb ist die Halbierung der eingesetzten Produktmengen realistisch. In einigen Ländern dieser Erde werden nur etwa 30 % der Tiere zum Trockenstellzeitpunkt antibiotisch versorgt. Nur mit Hilfe eines selektiven Trockenstellens lassen sich die Tiere, die von einem antibiotischen Trockenstellpräparat profitieren von denen unterscheiden, die das nicht tun. Viertelselektives Trockenstellen ist möglich und wirksam, allerdings erfordert es in der täglichen Routine eine extrem sorgfältige Arbeit. In den Betrieben, bei denen es in die Arbeitsabläufe passt kann gern viertelselektiv trockengestellt werden. Wichtiger aber erscheint mir, dass möglichst viele Betriebe bald selektiv Trockenstellen.

Milchpraxis: Herr Professor Krömker, Sie sind nun in Dänemark tätig. Geben Sie unseren deutschen Milchlandwirten bitte einen kleinen Einblick, was wir von Dänemark bezüglich Eutergesundheit lernen können. 

Professor Krömker: Die dänischen Milchviehbetriebe sind im europäischen Vergleich die größten Betriebe mit hochleistenden Herden in Europa. Die Eutergesundheit der Milchkühe ist mit ähnlichen Regionen in Deutschland vergleichbar. Besonderheiten sind der sehr restriktive Antibiotikaeinsatz –  z.B. selektives Trockenstellen seit 1995, die sehr einfache Therapie klinischer Euterentzündungen und ein umfangreicher Einsatz von Sand als Einstreumaterial.

Milchpraxis: Besten Dank für Ihre Antworten und Ihnen alles Gute. 

Der Preis der Tiergesundheit wird dieses Jahr in den Kategorien Eutergesundheit, Rindermast und Saugferkelmanagement verliehen. Bewerben können sich alle Landwirte, die in diesen Bereichen innovative Ideen zur Verbesserung der Tiergesundheit umgesetzt haben. Der Bewerbungsschluss ist der 31. Oktober 2020. Weitere Informationen zum Wettbewerb finden Sie hier.

Der Medienpartner Milchpraxis wünscht allen teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirten viel Erfolg!

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