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Sachgerechtes Trockenstellen

VCgTS Tuben

Das systematische antibiotische Trockenstellen steht auf dem Prüfstand. Um den Antibiotikaeinsatz in der Nutztiermedizin zu reduzieren, bietet das “selektive Trockenstellen” eine gute Einsparmöglichkeit ohne dabei die Eutergesundheit der Herde zu gefährden.

Woran man erkennt, bei welcher Kuh auf den antibiotischen Trockensteller verzichtet werden kann oder wann ein Zitzenversiegler Sinn macht, erfahren Sie in der Arbeitsanleitung mit Fragen zum gezielten Trockenstellen.

Druckversion Arbeitsanleitung Trockenstellen


Fragen und Antworten

Warum werden Kühe trockengestellt?

Die Trockenstehzeit dient der Regeneration des Drüsengewebes im Euter. Auch Hyperkeratosen an den Zitzenenden, die oft die Eintrittspforte für Mastitiserreger darstellen, können ausheilen. Ohne diese Ruhephase sinkt die Milchleistung in der Folgelaktation um ca. 20%. Doch nicht nur das Eutergewebe erholt sich, auch der Verdauungstrakt bekommt Zeit zum Regenerieren. Die Trockenstehzeit sollte mindestens 30 Tage betragen, denn so lange dauert die Gewebserneuerung.

Warum steigt ab dem Aufeutern das Risiko einer Neuinfektion?

Während der gesamten Trockenstehphase ist es wichtig, das Eintreten von Keimen ins Euter zu verhindern. Das Risiko einer Infektion mit umweltassoziierten Erregern wie E. coli oder Sc. uberis ist in dieser Zeit 5,7-mal höher als während der Laktation. Ab dem 6. Tag vor der Kalbung steigt die Gefahr einer Neuinfektion deutlich. Die Stoffwechselumstellung belastet die Kuh, die Abwehrfaktoren im Euter sind reduziert, der Zitzenschluss lässt nach und im Drüsengewebe wird bereits Milch produziert – ein idealer Nährboden zur Vermehrung von eindringenden Keimen.

Was bedeutet „selektives Trockenstellen“?

Bei diesem Trockenstellverfahren wird für jedes Einzeltier entschieden, mit welcher Methode es trockengestellt wird. Es eignet sich bei Herden, die durchschnittlich im Zellgehalt unter 100.000 Zellen/ml liegen und eine geringe Neuinfektionsrate in der Trockenstehzeit aufweisen. Um auf den Einsatz eines Langzeitantibiotikums zu verzichten, müssen alle Euterviertel vor dem Trockenstellen auf sichtbare Veränderungen des Sekrets und Drüsengewebes untersucht werden. Die letzten MLP-Berichte der Kuh müssen eine Zellzahl von unter 100.000 aufweisen und der Schalmtest (California-Mastitis-Test; CMT-Test) darf keine Auffälligkeiten zeigen. Zur Senkung des Neuinfektionsrisikos kann ein interner Zitzenversiegler eingebracht werden.

Bei welchen Tieren darf beim „selektiven Trockenstellen“ nicht auf den antibiotischen Trockensteller verzichtet werden?

Zeigt bei einem Viertel der CMT-Test Schlieren, besteht eine subklinische Mastitis und ein antibiotischer Trockensteller sollte eingebracht werden. Zudem werden alle Kühe, die in den letzten drei MLP-Prüfungen einen Zellgehalt von >200.000 hatten, sowie Tiere, die wiederholt an Euterentzündungen erkrankt sind, nach Antibiogramm trockengestellt. Das heißt, dass zunächst Viertelgemelksproben auf vorhandene Erreger untersucht werden und je nach Resistenzlage ein geeignetes Langzeitantibiotikum eingesetzt wird. In Problem- und Sanierungsbetrieben (z.B. bei Staph. aureus) müssen nach wie vor alle Kühe der Herde antibiotisch trockengestellt werden.

Welchen Vorteil bieten interne Zitzenversiegler?

Ein interner Zitzenversiegler besteht aus einer antibiotikafreien, wismuthaltigen Substanz, die die Funktion des natürlichen Zitzenkeratinpfropfes übernimmt. Diese mechanische Barriere soll währen der gesamten Trockenstehzeit das Eindringen von Mastitiserregern in das Euter verhindern. Bei der Anwendung muss unbedingt auf strenge hygienische Bedingungen geachtet werden.

Welche Tiere sollten zusätzlich zum antibiotischen Trockensteller noch mit einem Zitzenversiegler behandelt werden?

Bei Risikotieren führt die Kombination aus Beidem zu einer deutlichen Verbesserung der Eutergesundheit in der Folgelaktation. Dazu zählen Kühe mit Mastitisvorgeschichte, Kühe, die zum Ende der Laktation noch eine hohe Milchleistung haben und Kühe mit Hyperkeratosen an den Zitzenenden.

Mit welchen Kennzahlen lässt sich das Trockenstellmanagement überprüfen?

Aus den Milchleistungsprüfberichten (MLP) der Landeskontrollverbände (LKV) lassen sich folgende Daten entnehmen:

Ausheilungsrate: Soll > 65%

Als ausgeheilt gelten Kühe, die mit einem Zellgehalt von über 100.000 Zellen/ml trockengestellt wurden und nach dem Kalben einen Zellgehalt von weniger als 100.000 Zellen haben.

Neuinfektionsrate: Soll < 15%

Gezählt werden Kühe, die mit einem Zellgehalt von unter 100.000 Zellen/ml trockengestellt wurden und nach dem Kalben über 100.000 Zellen/ml liegen.

Bei höherer Neuinfektionsrate oder niedrigerer Ausheilungsrate sollte in Zusammenarbeit mit dem/der betreuenden Tierarzt/-ärztin die Eutergesundheitssituation im Betrieb näher untersucht werden. Zunächst müssen Schwachstellen im Haltungs-, Hygiene-, Melk- und Fütterungsmanagement abgestellt werden, bevor auf einen antibiotischen Trockensteller verzichtet werden kann.

Woran muss man beim Trockenstellen außerdem denken?

BCS über 4
BCS über 4

Beim Trockenstellen kommt es weniger darauf an, die genaue Anzahl der melkfreien Tage einzuhalten. Viel wichtiger ist eine Betrachtung der Körperkondition zum Trockenstellen. Kühe mit einem Body Condition Score (BCS) von 2 können trotz geringer Leistung ruhig länger das Leistungsfutter mitfressen, während Kühe mit BCS von 4,5 und geringer Milchleistung deutlich früher trockengestellt werden, um ein weiteres Verfetten zu verhindern.

Abgemagerte Kuh (BCS < 2)
Abgemagerte Kuh (BCS < 2)

Um der Kuh einen gesunden Übergang in die nächste Laktation mit optimaler Futteraufnahme in der Hochträchtigkeit und nach dem Kalben zu

ermöglichen, müssen zum Trockenstellen die Klauen korrigiert werden. Bei einer Jahresleistung von mehr als 9000 Litern sind die Klauen einer Kuh mindestens dreimal pro Jahr zu schneiden.

Arbeitsanleitung Trockenstellen

Sterile Milchprobenentnahme
Sterile Milchprobenentnahme
  • Kühe heraussuchen, die in 6-8 Wochen kalben sollen
  • Letzte 3 MLP-Berichte dieser Kühe: Euterentzündung? Zellzahlen?
  • Existieren Laborbefunde? Welchen Befund ergab der Schalmtest (California-Mastitis-Test)?
  • Erneute Viertelgemelksproben für ein aktuelles Antibiogramm sinnvoll?
  • Entscheidung über Art des Trockenstellens: Langzeitantibiotikum? Zitzenversiegler? Kombination?
  • Liste erstellen: welche Kuh mit welchem Präparat trockengestellt wird.
  • Extrazeit für den Melkvorgang einplanen

Rote Fesselbänder
Rote Fesselbänder
  • Fußbänder oder Markierungsspray/-stift
  • Karton Einmalhandschuhe
  • Einmaltücher zum trockenen Reinigen von Euter und Zitzen
  • Desinfektionstücher (1 pro Zitze)
  • Euterinjektoren mit antibiotischem Trockensteller oder Zitzenversiegler
  • Dippmittel bereitstellen

Zitzendesinfektion
Zitzendesinfektion
Anwenung eines lokalen Antibiotikums
Anwenung eines lokalen Antibiotikums
  • Euter und Zitzen sorgfältig reinigen (trocken)
  • Euter vollständig ausmelken
  • Einmalhandschuhe anziehen
  • Zitzenspitze mit Alkoholtüchern desinfizieren
  • Zitzenkuppe trocknen lassen
  • Injektor oder Schutzkappe nicht in den Mund nehmen
  • Injektor nicht mehr als 5 mm in den Strichkanal einführen und den Inhalt einbringen, nicht einmassieren
  • Dippen aller Zitzen
  • Kuh markieren, z.B. rotes Fußband
  • Kuh eine Stunde im Fressgitter fixieren
  • Verbringen der Kühe ins Trockensteherabteil
  • Kontrolle, ob die Kuh in den nächsten Tagen die Milch laufen lässt

wenn ja, einen neuen Injektor Trockensteller ins Euter eingeben

  • intensive Kontrolle des Euters in der ersten Woche (warm? geschwollen?)
  • während der gesamten Trockenstehzeit auf Veränderungen am Euter achten

Stand September 2014

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